Titel: Shifting (1994)
 
  Besetzung: Violine und großes Orchester  
  Dauer: 20 Min  
  Uraufführung: Musik der Zeit, NeueJazzMusik, 3. Konzert - Für Orchester
Kölner Philharmonie
4.3.1995
Das Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester
Guy Braunstein, Violine
Leitung: Dennis Russell Davies
 
  Verlag: Ricordi, München  
  Auftrag: Westdeutscher Rundfunk Köln  
  Aufnahme: Westdeutscher Rundfunk Köln (näheres über kontakt@rolf-riehm.de)  
  Kommentar: ( Brief an den Solisten der Uraufführung Guy Braunstein vom Dezember 1994) Lieber Guy, ich habe gerade die Partitur "unseres" Stückes fertiggestellt und sie geht nun in den Computersatz. Um Dir eine Vorstellung des Stückes zu geben: Erstens ist es eine weitausholende, riesige Melodie. Ich stelle sie mir vor wie einen Fluß, dem durchs Gefälle der Landschaft dauernd neue Kraft zuwächst - die Landschaft ist hier die Expressivität , die auf die "Melodie" wie ein Schub einwirkt und sie vorantreibt, "...moltissimo appassionato...". Genaugenommen ein Stück für Violine solo. Wie die Saiten auf das Corpus der Violine, so ist die Violine auf das Orchester gespannt, ein in seinem ganzen Klangreichtum mit-erregter Resonanzkörper. Was das zierliche Instrument nicht vermag, kann das große Orchester noch hervorbringen. Das meine ich weniger in Bezug auf eine Verstärkung des Tonvolumens. Es ist die Verbreiterung des Ausdrucksspektrums! Zweitens: diese Melodie sucht sich ihren Weg durch Widrigkeiten, Beschädigungen, Entfremdungen...Natürlich sind dies nur Metaphern für ästhetische Konstellationen, es spielt sich kein menschliches Drama ab. Doch genau in dieser Bruchzone des doppelten Sinnes entsteht ja "Ausdruck". Eine der elementaren diesbezüglichen Metaphern in diesem Stück ist ein satztechnischer Vorgang, der zum alltäglichen Vokabular der klassischen Musik gehört: der Vorhalt - etwa: der Schlußakkord ist schon da, aber ein Ton des vorangehenden Akkordes ragt noch störend in ihn hinein, löst sich dann aber auf. Bei mir umgesetzt als schleppendes Vorankommen des oberen Teils einer Harmonie. Der untere ist schon weiter, aber der obere will seine Gegenwart noch halten, fällt dann mit einer Geste der Entsagung nach unten zu den anderen Tönen. Ein Gemenge aus Hoffnung, Erschöpfung und Resignation. Der dritte Abschnitt ist nichts anders als eine einzige, in eine Aktion von fast fünf Minuten hineingedehnte Vorhaltsbildung. Erst kurz vor Ende dann: keine Einschränkungen mehr, keine exzessiven Drücke, nur noch freie Bewegung. Eigentlich beginnt das Stück erst hier! Herzliche Grüße Rolf Riehm
       
       
       
       
       
       
   
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